Wofür benötigen wir im Unterricht eigentlich digitale Inhalte, Tools und Schulbücher? Kann man nicht auch mit einem gedruckten Buch, einer Kreidetafel und einer Wandkarte einen Unterricht gestalten, der all das vermittelt, was für die jeweiligen Abschlussprüfungen benötigt wird? Die Frage kann in dieser Form nur dann gestellt werden, wenn man davon ausgeht, dass sich die Welt sowie die Anforderungen und Kompetenzen, die für einen zielgerichteten und verantwortungsvollen Umgang mit dieser Welt erforderlich sind, in Zukunft nicht umfassend verändern werden.
Genau das ist aber der Fall. Die digitale Revolution wird zu grundlegenden Änderungen in den allermeisten Lebensbereichen führen. Sie wird Raum-Zeit-Konventionen verändern, neue Wertschöpfungsprozesse etablieren, neue Teilhabemöglichkeiten und Abhängigkeiten schaffen. Die radikale Effizienz von Algorithmen und Machine-Learning wird alle beruflichen Tätigkeiten infrage stellen, die sich grundsätzlich in Ablaufplänen beschreiben lassen.1
Berufe und Tätigkeiten, die noch vor kurzer Zeit als unersetzbar galten, sind schon heute vollumfänglich von Computern und Robotern substituierbar, und die Geschwindigkeit dieser Entwicklung nimmt rasant zu. Mit dem Blick auf die steigenden Personalkosten und den Mangel an Fachkräften werden bereits heute digitale Assistenzsysteme in verschiedenen Berufsfeldern erprobt. Und wir dürfen sicher sein: Sobald die Technik ausgereift ist, werden sich viele Berufe in Verwaltung, Medizin, Altenpflege, Produktion und Bildung schnell und radikal verändern. All diese Veränderungen finden zudem nicht lokal oder regional statt, sie potenzieren sich auf globaler Ebene.
Die digitale Disruption zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich in hoher Geschwindigkeit vollzieht, alle Lebens- und Arbeitsbereiche einbezieht und traditionelle Landes- und Kontinentgrenzen kaum beachtet. Die Rolle und das Verständnis von Arbeit und Bildung für den Einzelnen und die Gesellschaft müssen und werden sich vollständig verändern. Wenn Menschen aber nicht mehr nach einem gegenwärtigen Verständnis von Berufstätigkeit ein ,festes‘ Arbeitsverhältnis haben, stößt unser Bildungssystem schnell an offensichtliche Grenzen, weil es seine Zielperspektiven und Nützlichkeitsbegründungen grundlegend revidieren muss. Angesichts dieser digitalen Zukunftsaussichten steht das immer noch sehr stark normierende und selektierende Schulsystem der Gegenwart infrage.
In Hinblick auf die bevorstehenden Veränderungen lassen sich notwendige Forderungen für ein zukünftiges Bildungsideal ableiten:
Er betrifft nicht nur Änderungen im Verhältnis der gesellschaftlichen Subsysteme zueinander, die sich beispielsweise enger vernetzen, sondern hat auch Veränderungen innerhalb dieser Subsysteme zur Folge. Bezogen auf schulische Prozesse bedeutet das: Es geht nicht darum, das Digitale zu einem ansonsten unverändert bleibenden System schulischer Wissensgewinnung und Kommunikation hinzuzufügen, etwa als Technik der Unterrichtsvorbereitung oder der Materialpräsentation. Im Hinblick auf die Unterrichtsmaterialien geht es also in Zukunft nicht mehr darum, die materiellen Gegebenheiten von Druckwerken digital nachzubilden, es geht vielmehr darum zu verstehen, dass die digitale Auseinandersetzung mit der Welt im Lernprozess
Digitalisierung so zu behandeln, wie man bislang oftmals neue Aufgaben (etwa die Kompetenzorientierung) in den Schulen behandelt hat, kommt einer Verweigerung von Veränderungen gleich. Eine solche Herangehensweise würde am Ende zum Scheitern des gesamten Systems führen.3 Es geht also nicht darum, mit der Digitalisierung noch eine weitere Aufgabe auf den Berg der schulischen Aufgaben zu setzen, sondern darum, Bildung im Hinblick auf die umfassenden gesellschaftlichen Veränderungen neu zu denken und neu zu machen.
Sie nur ausschnitthaft zuzulassen, etwa bei Vortragspräsentationen oder Rechercheaufträgen, wird der mit ihr verbundenen Veränderungsdynamik und -tiefe nicht gerecht. Digitalisierung und digitale Arbeitsweisen müssen zu Themen des Fachunterrichts gemacht werden, um die mitunter seit langer Zeit bestehenden Gewissheiten über Erkenntniswege und -ergebnisse aufbrechen zu können.4 Die digital denkende Schule der Zukunft muss mehr Fragen stellen als finale und allgemeingültige Antworten zu geben. Das erfordert sicher in weiten Teilen eine Redefinition des Bildungsauftrags, allerdings kann die Schule nur so ihren Anspruch behaupten, auf ein Leben in einer sich extrem schnell verändernden Zeit vorzubereiten. Die Kompetenzorientierung findet damit zwar keine neue Begründung, aber ihre eigentliche Motivation.
Das gilt auch für die Schule. Die Digitalisierung wird dazu führen, dass das Verhältnis von Mensch und Ort, Mensch und Zeit, Mensch und Maschine, Mensch und Material in schulischen Bildungsprozessen neu austariert werden muss. Dass sich Bildungsprozesse z.B. auch in virtuellen Realitäten konstituieren werden, gilt inzwischen nicht mehr als exotisches Hirngespinst. Auch der auf fortwährend technisch erhobenen Lernstands- und Problemdiagnosen basierende Unterrichtsautomat ist vorstellbar geworden. (Ob er wünschenswert ist, ist dabei eine andere Frage). Eine solche digitale Unterrichtshilfe lässt sich als Mischung von Materialangeboten, Arbeitsanweisungen und interaktiven Kommunikationsformen denken. Das 1:1-Prinzip im Lerngruppen-Lehrpersonen-Verhältnis muss nicht mehr zwingend aufrechterhalten werden. Digitale Assistenzsysteme machen Lehrende als parallele Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für mehrere Lerngruppen (in einem Fach) denkbar.5 Sie wären in diesem Falle Expertinnen und Experten oder Problemlöserinnen und Problemlöser im technisch organisierten Prozess digital-multimedialer Bildung. Solche Möglichkeiten werfen hinsichtlich der Ausbildungswege und der Professionsverständnisse von Lehrenden viele Fragen auf. Mit Blick auf die Kosten des Bildungswesens und die politischen Strategien von Regierungen müssen auf diese Fragen recht schnell Antworten gefunden werden.6
Digitale Transformation verändert die Präsenz des Medialen in unserem Leben. Der Mensch der Gegenwart wird zu einem „Medienleben-Subjekt“7, verbindet sich also immer stärker mit Medien. Er lebt in Medien, formt sich selbst medial, weil er immer mehr mit Medien arbeitet, sie konsumiert, mit ihnen lernt und entspannt. Die fortschreitende Verwobenheit von medialer und persönlicher Formung wird zu einem massenhaften Phänomen.8 Voraussetzung ist die sich aus der Digitalisierung ergebende, zunehmende Medienkonvergenz.9
Unter diesen Bedingungen ist es nicht ausreichend, Medien in schulischen Bildungsprozessen weiterhin nur als monofunktionale Mittel anzusehen, als Vermittlungsinstanzen, die nur die Aufgabe haben, eine Informationsweitergabe linear von A nach B zu ermöglichen.
Menschen sind einerseits nicht nur Augentiere, und sie sind andererseits auch nicht als ausschließlich kognitive Verarbeitungseinheiten für abstrakte Symboliken einer typografischen Kultur ‚geschaffen‘. Aus didaktischer Sicht ergibt sich daher mit einem multimedialen Ansatz die Möglichkeit, andere menschliche Ausdrucksweisen in Form von bewegten oder unbewegten Bildern, Audios sowie Tönen/Musik endlich gleichberechtigt neben das Textliche zu stellen.
Die Zukunft wird erfordern, unsere Rezeptionsfähigkeiten und Problemlösekompetenzen deutlich zu erweitern und sie viel stärker kollektiv zu vernetzen. Nur einige stichwortartige Anmerkungen machen die Dimension der Herausforderung deutlich:
Grundsätzlich werden wir ein schulisch-unterrichtliches Medienverständnis erreichen müssen, das ein Medium nicht auf den Informationsträger (das „Endgerät“) reduziert und Kommunikation nicht mehr auf ein Sender-Empfänger-Modell begrenzt, sondern Medialität als Arbeitsumgebung versteht, die kompetentes, (selbst-)reflexives Lernen ermöglicht.13
Die Studierende Maria Friedrichowicz, im Jahr 2015 Siegerin des Essaywettbewerbs des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft mit dem Thema „Wie sieht Bildung im digitalen Zeitalter aus?“, hat ein neues Bildungsideal formuliert. Es lautet:
„Jeder hat das Recht und die Möglichkeit, seine Umgebung so zu wählen und zu gestalten, dass sie für seine Bildung optimal ist. Eine Umgebung ist für die Bildung des Einzelnen optimal, wenn sie den Erwerb von Wissen und Fähigkeiten einerseits und das Finden und Einüben von Werten andererseits im Sinne des Einzelnen fördert“14. Sie beschreibt drei Grundsätze einer digitalen Bildung:
Selbstbildung, im Sinne des Selbermachens und des An-sich-Arbeitens rückt Ideale wie- der in den Vordergrund, die mit der gegenwärtig oft zu beobachtenden Verkürzung des Bildungsbegriffs auf eine lediglich berufsfeldorientierte, arbeitsmarktnahe Bildung nicht kompatibel sind. Beide Faktoren rufen vielmehr jenes höchst individuelle Streben nach Perfektibilität wieder auf, das bereits das Bildungsstreben der Aufklärungszeit prägte.16 Es geht nicht um die schnelle Karriere, sondern um die Formung des Menschen, denn in der digitalen Welt wird die allseitig geformte, kreative Persönlichkeit der entscheidende Faktor für berufliche Entwicklung und eine gesicherte Existenz sein. Standen die Fachexpertinnen und Fachexperten für die Spezialisierung der Industrialisierungszeit, so könnten sich die Veränderungsexpertinnen und Veränderungsexperten zum Leitbild der Zukunft entwickeln.
Die Strategie der deutschen Kultusministerkonferenz für die Bildung in der digitalen Welt hebt deshalb hervor: „Beim Lernen selbst rückt weniger das reproduktive als das prozess- und ergebnisorientierte – kreative und kritische – Lernen in den Fokus. Dabei ist klar: Einordnung, Bewertung und Analyse setzen Wissen voraus. Insgesamt wird es noch stärker darauf ankommen, Fakten, Prozesse, Entwicklungen einerseits einzuordnen und zu verknüpfen und andererseits zu bewerten und dazu Stellung zu nehmen“17. Und diese Weiterentwicklung erfordert von allen Beteiligten, eine Kultur der gegenseitigen Wertschätzung, Gleichberechtigung und Motivation aufzubauen und hierarchische Kontrollsysteme abzuschaffen.18
Ein schlechtes Lernmaterial konzeptionell-inhaltlich unverändert zu digitalisieren, ergibt ein schlechtes digitales Lernmaterial. Es ist von fundamentaler Bedeutung, nicht nur Organisationsformen, Abläufe und Grundausrichtungen von Schule zu verändern und neu zu denken, sondern auch die Materialien, mit denen Lehrende und Lernende arbeiten.
Vor dem Hintergrund der digitalen Zukunft kann das Ziel von Schule nicht (mehr) das unreflektierte Auswendiglernen von Informationsfragmenten sein. Das Ziel muss vielmehr im Erwerb eines verknüpfbaren, übertragungs- und anwendungsfähigen Wissens bestehen.19 Hierfür werden kreative und kritische Bürger mit einem konstruktiven und freudigen Willen benötigt;20 Menschen mit eigener, auf andere ausstrahlender Initiative, mit ausgewogenem Selbstbewusstsein und einer positiven Haltung zur Vielfalt des Lebens; Menschen, die die Bedeutung von Fächern auf einer Metaebene verstehen und deren Inhalte kontextualisieren und kommunizieren können. Es geht um Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation.21
Digitale Umsetzungen müssen Mehrwerte hinsichtlich der oben genannten Kompetenzen aufweisen. Die Potenziale eines multimedialen Schulbuchs22 werden im Folgenden am Beispiel des mBooks23 skizziert. Es finden sich einige konkrete Beispiele24, die im mBook, dem ersten digitalen und multimedialen Schulbuch im Fach Geschichte, für das Medium Film entwickelt wurden.25 Darüber hinaus kommen im mBook auch Audios, Texte, (interaktive) Grafiken, weitere interaktive Elemente, Bilder(galerien) und Kollagen zum Einsatz. Auf diese Elemente kann hier nicht gesondert eingegangen werden. Medien können im mBook unterschiedliche Funktionen erfüllen: Sie können vereinfachen, elaborieren, veranschaulichen, differenzieren und reduzieren, um historische Kompetenzen möglichst effektiv zu fördern. Bei der Umsetzung des mBooks wurde vor allem das Kompetenzstrukturmodell der FUER-Gruppe mit den Kernkompetenzen Frage-, Methoden-, Orientierungs- und Sachkompetenz als Basis verwendet. Kompetenzorientierung wird dabei vor allem auch als eine Antwort auf die oben skizzierten Herausforderungen der digitalen Revolution verstanden.26
Filme werden im mBook sowohl als Quelle aus der Zeit als auch als Narration über die Zeit verwendet. Somit gelten für sie, genau wie etwa für schriftliche Quellen, die methodischen Regulierungen der Methodenkompetenz mit den Kernkompetenzen der Re- und De-Konstruktion. Für die De-Konstruktion von Filmen gelten zwar die gleichen Metaregeln (z.B. zu untersuchen, wer die Auftraggeber des Werks waren), die Untersuchung unterscheidet sich aber vor allem auf Tiefenebene 1, also der Ebene der konkreten Machart. Hier muss im Film, im Gegensatz zum Text, auf Ton, Musik, Atmo, Einstellungsgrößen, Kameraposition, Beleuchtung, Ausstattung etc. geachtet werden. Das Lesen dieser Ausdrucksformen muss erläutert und geübt werden. Daher gibt es im mBook neben zahlreichen Anwendungs- und Übungsbeispielen immer auch ein Methodenkapitel „Film“, in dem filmische Mittel mit Hilfe von Videos, Audios und Bildergalerien erläutert werden. Die folgenden Beispiele stammen aus dem Bereich der filmischen Darstellungen.
Im Clip sieht man die Hand des Autors, der mit einem Stift die einzelnen Teile der Geschichte bebildert. Dazu hört man seine Erklärungen und Musik. Der (fiktive) Protagonist des Clips, Kimon, hat Probleme im Alltag. Aus diesem Grund geht er ins Theater, um sich dort emotional ansprechen zu lassen. Dadurch entsteht laut Aristoteles ein reinigender Vorgang (Katharsis). Die Erklärung dieser Vorstellung von Reinigung bildet Absicht und Inhalt des Clips. Am Ende des Clips wird diese mögliche Wirkung von Geschichten auf die heutige Lebenswelt übertragen, indem sie auch auf aktuelle Bücher und Filme bezogen wird.
Der gezeichnete Infoclip soll die Bedeutung von Narrationen für Menschen erläutern und damit eine inhaltliche und methodische Auseinandersetzung mit Narrationen anstoßen. Wenn Schüler z.B. anhand des Infoclips über die Wirkung von Geschichten verstehen, warum sich Menschen Geschichten erzählen, kann, darauf aufbauend, Methodenkompetenz mit den Kernkompetenzen der Re- und De-Konstruktion gefördert werden. Mit dem Clip lässt sich zudem Orientierungskompetenz fördern, da Schülerinnen und Schüler auf Grundlage des Clips darüber reflektieren sollen, welche Rolle Erzählungen für das eigene Leben haben.
Das Kapitel „Der Krieg betrifft alle – auch Kinder und Jugendliche“ stellt eine Vielzahl an Texten und Materialien zum Thema „Kinder als Opfer von Kriegspropaganda“ zur Verfügung. Ein wichtiges Propagandainstrument war hierbei das Bilderbuch, da schon die Jüngsten im Sinne der jeweiligen Kriegsparteien beeinflusst werden sollten. Ziel des Unterkapitels ist es, propagandistische Darstellungen de-konstruieren zu lernen und damit ihre Wirkmechanismen zu durchschauen. Bilderbücher werden als eigenständiges Medium in gedruckten Schulbüchern aus offensichtlichen Gründen kaum thematisiert. Im mBook hingegen ist die Beschäftigung mit diesem Genre sogar in unterschiedlichen medialen Aufbereitungen möglich. Insgesamt finden sich in diesem Unterkapitel drei Bilderbücher von Arpad Schmidhammer (1857–1921), zwei davon in einer Galerie, ein Bilderbuch wird in einem Video-Clip vorgelesen.27 Dies ermöglicht es Lernenden, vergleichend zu arbeiten. Das Video nähert das Bilderbuch dem originalen Rezeptionszusammenhang an. Bilderbücher mit Versen waren und sind vor allem dazu da, von Erwachsenen vorgelesen zu werden. Und gerade darin bestand das Perfide der Propaganda in diesem Genre. Sie setzt an einer intimen, familiären Situation an und versucht, alle Beteiligten zu beeinflussen. Um das Medium angemessen de-konstruieren zu können, sollte dieser Rezeptionszusammenhang zumindest erspürt werden.28
Die Förderung von Methodenkompetenz und vor allem die De-Konstruktionskompetenz stehen hier im Zentrum. Allerdings lässt sich auch die Orientierungskompetenz (Frage nach propagandistischen Beeinflussungen in der Gegenwart) oder die Sachkompetenz (Aufbau und Erweiterung des Konzepts Propaganda) fördern.
Zu Beginn jedes Hauptkapitels können Lernende und Lehrende ein Interview mit dem jeweiligen Autor abrufen, der seine Fragestellungen und Vorgehensweisen erläutert. Die Autoren gehen dabei z.B. auf grundsätzliche Bezüge zu den Leitfragen des Lehrplans und den dort vorfindlichen Kategorien und Begriffskonzepten ein, greifen Orientierungsfragen der Gegenwart oder geschichtswissenschaftliche Forschungsdiskurse auf. Den Kapiteln auf diese Weise „ein Gesicht“ zu geben und dadurch den Konstruktcharakter von Geschichte zu veranschaulichen, ist in dieser Form nur in einem multimedialen Schulbuch möglich.
Was ist also die Aufgabe eines guten Lehr- und Lernmittels im digitalen Zeitalter?29 Es muss medienverbindend sein, darf sich somit nicht länger auf die statische Präsentation eines Text-Abbildungs-Gemischs beschränken, sondern sollte alle Formen medialer Darstellung (Texte, Bilder[galerien], Karten, Audios, Filme, Animationen) einbeziehen. Es muss die Möglichkeit zur Reflexion anderer medialer Darstellungen über ein vergangenes Geschehen und die mit ihnen verbundenen Botschaften eröffnen. Es muss zur gemeinsamen Arbeit an den Unterrichtsgegenständen anregen. Es darf die ,harten‘ politischen, wirtschaftlich-sozialen oder weltanschaulichen Orientierungsfragen und Herausforderungen der Gegenwart nicht länger scheuen. Es muss fachliche und überfachliche Kompetenzen vermitteln, mit deren Anwendung Lernende sich auch andere, vielleicht sogar ganz unbekannte Themen (später) selbst erschließen können. Es muss individualisierbar, interaktiv und adaptiv sein. Aus technischer Sicht sollte es mit Blick auf die Nutzungsgeräte eine größtmögliche Zugänglichkeit unabhängig von einzelnen Firmenstandards ermöglichen (System- und Plattformunabhängigkeit). Kurzum: Ein gutes Schulbuch muss die Lust am Denken anregen – also das Nachdenken, Mitdenken und Weiterdenken anstoßen und begleiten. Nur dann kann es einen Beitrag zur digitalen Bildungszukunft leisten.
Hinweis: Dieser Beitrag basiert auf: Marcus Ventzke und Florian Sochatzy, Die digitale Bildungsrevolution und ihre Folgen. Veränderungen für Unterricht und Unterrichtsmaterialien, in: Frank Thissen (Hg.), Lernen in virtuellen Räumen. Perspektiven des mobilen Lernens, Berlin/Boston 2017, S. 54–70. Er wurde für diese Veröffentlichung überarbeitet und gekürzt.
Zitiervorschlag: Florian Sochatzy und Marcus Ventzke (Hrsg.), Bildung digital gestalten, Eichstätt 2020, Kap. 2. Grundlagen schulischer Bildung vor dem Hintergrund digitaler Veränderung https://bildung-digital-gestalten.institut-fuer-digitales-lernen.de/inhalt/grundlagen-schulischer-bildung 22.10.2020. content_copy kopiert!
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