Zwei Personen stehen vor einem Whiteboard an dem viele Post-its hängen. Sie scheinen ein Projekt zu besprechen. Die Post-its haben leuchtende Farben.

Lehrerfortbildung in digitalen Lernumgebungen

Oliver Killgus & Richard Rongstock

„Napoleon in Bayern“, „Zeitgeschichte mit Internetquellen“, „Die Türkei“ oder „Lernaufgaben im Fach Geschichte“ – die Themen waren vielfältig, mit denen sich unsere Online-Kurse am E-Learning-Kompetenzzentrum der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen in den letzten Jahren befasst haben.
Die Gründe, warum konventionelle Angebote der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung zunehmend von verschiedenen Elementen des digitalen Lernens ergänzt oder gar ersetzt werden, sind vielfältiger Art.
Unsere Gesellschaft ist von einer Differenzierung der Lebensmodelle und der Lebenssituationen geprägt. Ob als alleinerziehender Elternteil, Angehöriger pflegebedürftiger Senioren oder aufgrund dienstlicher Verpflichtungen – für viele Lehrende bedeutet der Besuch von Präsenzveranstaltungen der regionalen oder zentralen Lehrerfortbildung (in Bayern mit dem Ortsnamen Dillingen verbunden) erheblichen organisatorischen Aufwand, der kaum regelmäßig zumutbar ist. Ein ernstes Problem in einer Zeit, in der sich die Lebenswelt der Lernenden permanent wandelt und in der immer mehr Aufgaben an die Schulen herangetragen werden, eine Zeit, in der sich schließlich nicht ausgerechnet die Lehrenden dem „lebenslangen Lernen“ entziehen können. Diesem Problem müssen wir mit agilen Lösungen abseits der Bindung an Zeit und Raum begegnen.
Agilität ist aber auch unabhängig von der persönlichen, familiären oder dienstlichen Situation ein aktuelles Gebot: Der Erwerb von Informationen und Kompetenzen hat in vielen Fällen nicht die Zeit, die es dauert, Präsenzlehrgänge zu organisieren, zu buchen und zu besuchen. Inhalte – bei weitem nicht nur der Informatik – sind in der Zeit interaktiver digitaler Leitmedien einem viel schnelleren Wandel unterzogen, ein Fortbildungsangebot muss dementsprechend schnell zur Hand sein, wenn der Lehrende es braucht.
Neben diesen externen Faktoren sind es aber auch Aspekte des eLearnings selbst, die diese Form des Lernens für Lehrkräfte interessant machen. Das Lernen in digitalen Lernumgebungen ermöglicht es den Lehrerinnen und Lehrern, selbst Schwerpunkte zu setzen und im eigenen Tempo zu lernen. Durch die Arbeit an konkreten Aufgaben kann der eigene Lernfortschritt realistisch wahrgenommen werden, eine klare Lernstruktur erlaubt auch nach der Arbeit im Kurs einen einfachen Rückgriff auf die erworbenen Inhalte und Kompetenzen.1
Weitet man den Blick von der Perspektive des Lernenden auf allgemeine gesellschaftliche und didaktische Zusammenhänge, wird der Bedarf an eLearning-Fortbildungen für Lehrkräfte noch viel eindrücklicher. Wenn sich die Schule der Digitalisierung realistisch stellen will, dann wird das nur funktionieren, wenn sich zumindest eine kritische Masse an Lehrenden auf die mit der Digitalisierung verbundenen Prozesse und Arbeitstechniken einlässt und diese wiederum als Teil ihres Unterrichts versteht.
Zu diesen Prozessen und Arbeitstechniken gehört auch der sichere Umgang mit Hard- und Software; gerade hier bieten eLearning-Szenarien die Möglichkeit, „Zielsetzung und Methodik in der Veranstaltung kohärent aufeinander abzustimmen, da bei der Arbeit mit digitalen Medien eine Kombination von inhaltlich-theoretischer und technisch-praktischer Vorgehensweise relativ leicht realisierbar ist“.2 Das Lernen mit digitalen Medien fördert – egal um was es inhaltlich geht – das technischpraktische Verständnis als „Kolateralnutzen“.
Auf diese technische Seite darf sich aber der Kompetenzerwerb, der in einer digitalisierten Gesellschaft nötig ist, niemals einschränken lassen. Ein Lernen, das für ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben im Zeitalter der Digitalisierung befähigt, ermöglicht die Entfaltung von Kreativität, das Einüben von eigenverantwortlichem, selbstorganisiertem und eigenaktivem Lernen – allein und in kooperativen Arbeitsformen – und den Erfahrungsaustausch in wachsenden Netzwerken. Digitale Lernumgebungen bieten für all diese Aspekte neue Potenziale, die allerdings von den Fortbildenden wie von den Lehrkräften auch erkannt und didaktisch gestaltet werden müssen.
Ein bedeutsamer Vorteil von Online-Angeboten gegenüber herkömmlichen Präsenzveranstaltungen besteht außerdem in der möglichen Verschränkung von Unterrichtsalltag, Fortbildung und Erfahrungsaustausch. Während Präsenzveranstaltungen in der Regel losgelöst vom Berufsalltag stattfinden (was im Übrigen auch seine Berechtigung und seinen Wert hat) und in der Regel ein „Lernen auf Vorrat“ stattfindet, können Online-Fortbildungen parallel zum Schulalltag besucht werden. Je nach Format lassen sich Kurse „on demand“ zu Themen buchen, die in der aktuellen Praxis gerade eine Herausforderung darstellen oder von Interesse sind. Im Kurs erworbene Inhalte können unverzüglich im Unterricht angewendet werden und die erworbenen Erfahrungen sind im Teilnehmerkreis austausch- und diskutierbar.3

Die Planung eines Online-Lehrgangs

Zunächst muss die Planung eines Lehrgangsangebotes mit einer inhaltlichen Analyse beginnen:

  • Bietet sich das Thema überhaupt für das Medium an?
  • In welchem Verhältnis stehen Instruktion und Konstruktion?
  • Welche Formen der Kooperation und der Kommunikation sind möglich, welche nötig?
  • Inwiefern lässt sich eine Brücke schlagen zu Medium und Technik?

An diese Analyse schließt sich die Frage nach der Form des eLearning-Angebotes an. In der Literatur finden sich verschiedene Kriterien, nach denen eLearning-Angebote formal strukturiert werden können. Wilbers unterscheidet grundlegend zwischen „individuellen“ und „sozialen“ eLearning-Angeboten, also zwischen Kursen, die entweder dem Lernen eines einzelnen oder der Kooperation, Kollaboration und Kommunikation in der Gruppe dienen.4
Schulmeister u. a. haben eine Reihe anderer strukturierender Aspekte hinzugefügt, nämlich:

  • den „Grad der Virtualität“ (Dienen Online-Komponenten z. B. nur zum Austausch und zur Speicherung von Dateien während eines Seminars? Begleiten Sie ein Seminar? Besteht der Kurs ausschließlich aus virtuellen Komponenten?),
  • die „Größe der Gruppen“,
  • der „Grad der Synchronizität“ (Arbeiten die Teilnehmer zeitgleich an dem Kurs oder ist ein zeitversetztes Arbeiten möglich?),
  • den „Grad der Medialität“ (Welcher Medieneinsatz findet statt?),
  • den Anteil von „Content vs. Kommunikation“ (Stehen Inhalte, die vermittelt werden sollen, im Mittelpunkt oder der Austausch der Teilnehmer?) und
  • den „Grad der Aktivität“ (Wie aktiv oder passiv sind die Teilnehmer?).5

In unserer Arbeit am eLearning-Kompetenzzentrum der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen wurden verschiedene „Grade an Virtualität“ erprobt, von Austauschplattformen, die Präsenzveranstaltungen begleiten, über Blended-Learning-Angebote bis hin zu rein virtuellen Kursen. Auf sie wollen wir uns im Folgenden fokussieren.

Moderierte Online-Seminare und Selbstlernkurse

Unter den virtuellen Fortbildungsangeboten haben sich im Laufe unserer Arbeit zwei Grundtypen herausgebildet: moderierte Online-Seminare und Selbstlernkurse.
Charakteristisch für die moderierten Online-Seminare ist – bezugnehmend auf die oben genannten Kategorien – ein ausgewogenes Verhältnis von Content und Kommunikation. Sie sind sozial, kommunikativ und kooperativ ausgelegt und erfordern daher kleinere Gruppengrößen (maximal 20 Teilnehmer) und ein gewisses Maß an Synchronizität. Kommunikation und Kooperation erfolgen über Foren, Datenbanken, Wikis etc. Daher ist zwar kein gleichzeitiges Arbeiten notwendig, aber es sollten dennoch einzelne Themen in jeweils derselben Woche bearbeitet werden, um einen lebendigen Diskurs aufrechtzuerhalten.
Daneben zeigte sich aber auch der Bedarf an Kursen, bei denen der Content im Vordergrund steht und die einer großen Teilnehmerzahl zeitlich flexibel zur Verfügung gestellt werden können. Daraus entwickelte sich das Format der Selbstlernkurse, bei denen sich Teilnehmer „on demand“, also ohne feste Termine und ohne enge zeitliche Befristung, in eine Lernumgebung einloggen können, um sich dann dort selbstständig mit einem Thema auseinanderzusetzen. In der Schaffung agiler Schnittstellen zwischen Schulen und außerschulischen Partnern kann ein besonderer Wert von Selbstlernkursen liegen, die schnell und unkompliziert gerade solche Inhalte liefern, die sich die Lehrkraft ansonsten selbst und auf komplizierteren Wegen erarbeiten müsste.
Moderierte Online-Seminare und Selbstlernkurse bestehen aus verschiedenen Elementen, die nach Kerres wie alle eLearning-Angebote an den 3C orientiert sind: Content, Communication, Construction.6 Weil das Lernen und Lehren grundsätzlich so vielfältig ist wie die Bedingungen, unter denen Menschen lernen, eröffnet sich damit immer noch eine große Bandbreite von Möglichkeiten, die man nach Bedarf ausgestalten kann.7
Der Content ist klassischerweise am stärksten in den Materialien repräsentiert, in Text und Bild, in Video und Animation, in Simulation und Spiel. Um Communication geht es, wenn die Kommunikation mit den Teilnehmern oder deren Betreuung in den Vordergrund tritt, wenn also Mails ausgetauscht werden, wenn Beiträge in Foren gesetzt oder kommentiert werden oder wenn formatives oder summatives Feedback gegeben wird. Grundlage für den Aspekt Construction sind die verschiedenen Aufgabentypen, die Lern-, Übungs- und Testaufgaben.

Insgesamt hat sich in etwa zehn Jahren der Entwicklung von eLearning-Angeboten vielfach der Pragmatismus als Grundlage für die Konzeption durchgesetzt und, wie von Kerres postuliert, einen gemäßigten, pragmatischen Konstruktivismus hervorgebracht, also eine Verbindung von behavioristischen und konstruktivistischen Ansätzen. Dabei gilt zum einen das Primat der Handlung: Handlung statt Wahrnehmung. Zum anderen wird auf Erfahrung statt Kognition sowie Rekonstruktion von Erfahrung statt Metakognition gesetzt. Wenn damit nach Kerres am Ende eine lernende Gemeinschaft gefördert wird, wäre das sicher ein sinnvoller Schritt der Schulentwicklung.8
Konkret stellt sich die Frage, ob in der Online-Lehrerfortbildung Fähigkeiten wie z. B. das Erstellen von Animationsfilmen oder die Einsicht in die Gestaltung von Lernaufgaben eher durch Nachahmung erworben werden können oder ob dazu eine schrittweise Hinführung und ein konstruktiv erworbenes Verständnis erforderlich sind. Im ersten Fall wäre der Ansatz zu einem gewissen Grad behavioristisch, wenn man in Screencasts zeigt, wie Software bedient werden muss, damit ein Animationsfilm – rein technisch gesehen – entsteht. Bei der Gestaltung von Lernaufgaben denken Lehrkräfte dagegen sehr oft eher an Kriterienkataloge und Erwartungshorizonte, mithin an Konzepte, die vorrangig kognitiv aufgebaut werden.
Ganz gleich, ob eher behavioristisch oder konstruktivistisch, der größte Teil eines Online-Angebotes besteht aus Aktivitäten, die eventuell auch im kommunikativen Miteinander bearbeitet werden können. Wenn, wie im moderierten Online-Seminar der Fall, die Kommunikation und das kollaborative Erarbeiten ein zentraler Bestandteil des Lernangebotes sind, dann finden sich als charakteristische Merkmale solcher Angebote – der „e-tivities“ nach Gilly Salmon – im besseren Fall ein stimulierender und herausfordernder kurzer Text („Zündfunke“), die Möglichkeit zu individuellen Beiträgen sowie interaktive Elemente, z. B. die Antworten auf diese Beiträge. Es finden sich Zusammenfassungen, Feedback oder Kritik durch die Moderatoren / das Plenum und schließlich Instruktionen für die Teilnehmenden als allgemein zugänglicher Online-Beitrag (die „Einladung“).9
Der Aufbau des Lernangebotes, also die Komposition dieser Elemente, kann dem Zürcher eLearning-Ansatz, den Thomas Baumann in Veröffentlichungen beschrieben hat, folgen.10 Während gewohnte Abläufe von Theorie-Inputs ausgehen, einen Übungsteil einschieben und schließlich eine Möglichkeit zur Prüfung anbieten, sind eLearning-Kurse häufig geprägt von einem anderen Ablauf:

  1. Präsentation eines Fallbeispiels in Form von Video, Text oder Bild,
  2. Stellung mehrerer Aufgaben/Übungen, die nach eigener Wahl bearbeitet werden können,
  3. Angebot zur Selbstevaluation.

Faktisch besteht hier der Ausgangspunkt im Wunsch zur Klärung oder Lösung des Fallbeispiels, und die Theorie wird auf dem Weg zu diesem Ziel vermittelt.
Im moderierten Online-Seminar kann man den Aufbau mit dem „5-StufenModell“ nach Gilly Salmon überlagern: Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses erhalten nach diesem Modell zunächst einen Zugang und werden motiviert. Auf der zweiten Stufe findet durch Gewöhnungsübungen eine Online-Sozialisation statt. Die Nutzung der Lernmaterialien steht im Fokus der dritten Stufe. Viertens soll der Prozess der Wissenskonstruktion ermöglicht werden, bevor eine Lernentwicklung stattfindet, die unterstützt und auf die in der Betreuung des Kurses reagiert werden sollte.11 Das Ziel dieses Aufbaus im moderierten Online-Seminar besteht darin, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von ihrem zunehmenden Können und Selbstvertrauen beim Online-Lernen profitieren.
Ein Element im moderierten Online-Seminar könnte es sein, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Beginn des Seminars über die Kommunikationsform abstimmen. Dadurch beteiligen sie sich in sehr niedrigschwelliger Weise, äußern aber gleichzeitig etwas von sich im Plenum. Ein anderes Element könnte ein Text über die zehn effektstärksten Unterrichtsmethoden nach Hattie oder – um in ein ganz anderes Feld zu wechseln – die aktuell bevorzugten Theorien über den Ausbruch des Ersten Weltkriegs sein.12 Beide Texte liefern Informationen, die Arbeit mit ihnen wird aber erst in Verbindung mit einer Aufgabenstellung produktiv, die die Lehrkräfte dazu auffordert, die Informationen unter einem bestimmten Gesichtspunkt zu bewerten, die Bewertung in einem Forum zu posten und dort mit anderen Lehrkräften zu diskutieren.
Im Selbstlernkurs hat die Kommunikation allenfalls am Rande als Unterstützungssystem einen Platz, z. B. in Form einer Mailadresse, die angeschrieben werden kann, wenn es Probleme mit dem Login oder andere technische Probleme gibt. Die interaktiven Materialien zeichnen sich notwendigerweise durch eine stärkere Verbindung aus Content und Construction aus und die Kernfrage dabei ist es, wie man Lernende durch Interaktion mit dem Gerät zum Denken bringen kann, indem man in interaktiven Medien einen Erfahrungsraum gestaltet.
Grundlegende Operationen bei der Gestaltung der interaktiven Elemente im Selbstlernkurs sind:

  • konditional (z. B. durch eine Angebotsauswahl und ein daran gebundenes InstantFeedback),
  • komparativ (z. B. durch das Aufzeichnen einer Entscheidung, das Abspielen oder Anzeigen einer früheren Entscheidung, eine Neubewertung und Differenzierung von Handlungsoptionen),
  • kausalattribuierend (z. B. durch die Verbindung von vorbereitenden Notizen zu Aufgabenstellungen und dem Anzeigen dieser Notizen bei der späteren Selbstevaluation) und
  • kontextualisierend (z. B. bei der Einbeziehung von Fallbeispielen und Reflexionen über diese, wobei sich der Ansatz zur Vorbereitung einer lokalen Präsenzfortbildung entwickeln kann).

Ein Element im Selbstlernkurs könnte es sein, zu einer Fragestellung unter einer Reihe von Optionen die geeignetste auszuwählen. Durch eine mit der Auswahl verbundene Funktion wird dann unmittelbar eine Rückmeldung angezeigt, die eine Bewertung der Auswahl enthalten kann. Eine mögliche Fragestellung wäre:

„Einer Lehrkraft werden Informationen über einen bestimmten Schüler zugetragen, und die Lehrkraft fragt nach weiteren Einzelheiten. Handelt es sich dabei um eine Datenerhebung personenbezogener Daten?

Wählen Sie aus:

  • Ja? (richtig)
  • Nein?“

Möglich ist auch ein Feedback, das nicht direkt mit „richtig“ oder „falsch“ reagiert, sondern das dem Lernenden spiegelt, was für Konsequenzen seine Bewertung hat:

„Wenn Sie hier Antwort a) angekreuzt haben, dann gehen Sie davon aus, dass …“

In der Praxis hat sich ein entwickelnder Arbeitsprozess ergeben, der die ganze Laufzeit der Kurse einnimmt. Ziel des Prozesses ist es, im dialogischen Austausch mit Schulverwaltung, Fachreferaten und Lehrkräften eine beständige Annäherung an die realen Bedarfe der Stakeholder und Endkunden zu erreichen und damit eine Qualitätssteigerung der Lehrerfortbildung zu bewirken.
Die Erarbeitung beginnt mit der Klärung der Bedarfe in kleinen Gesprächsrunden unter Beteiligung von Auftraggebern, Erstellern und ggf. auch Entscheidern aus den Bildungsinstituten oder der Schulverwaltung. In öffentlich ausgeschriebenen Webkonferenzen kann das Thema in einem Vortrag dargestellt und wie ein Versuchsballon gestartet werden, um das Interesse der Lehrerschaft zu ermitteln. Gleichzeitig kann die WebKonferenz dazu dienen, spätere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Redaktionen zu gewinnen.
Die Arbeit in den Redaktionen ist der Schlüssel zur Qualität der späteren OnlineFortbildung. Eine transparente Arbeitsweise bei gleichwertiger Beteiligung von engagierten Lehrkräften bedingt eine hohe Prozessqualität und später auch eine hohe Qualität des Ausgangsprodukts. Die Redaktion setzt sich aus Fachexpertinnen und -experten zusammen, sie formuliert die Ziele des Seminars und fertigt das Materialskript an. Die Klärung der Ziele und die Klärung der Frage, welche Materialien erforderlich sind, um diese zu erreichen, können nur theoretisch voneinander getrennt werden. In der Praxis beeinflusst die Fähigkeit zur Erstellung von Materialien die Auswahl der Ziele und gleichzeitig kann die Auswahl der Ziele einen gewissen Entwicklungsdruck auslösen, der wiederum die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Redaktion dazu motiviert, sich neue Kompetenzen zu erwerben. Insofern sind Redaktionen auch außerordentlich wirksame Fortbildungsformate.

Die didaktischen Gestaltungsebenen

Als didaktische Gestaltungsebenen muss die Redaktion gleichermaßen das Instructional Design, das Kontextdesign und das Aufgabendesign im Blick haben.13 Beim Instructional Design werden grundlegende Annahmen auch über den späteren Lernprozess getroffen, wenn erörtert wird, wie behavioristische und konstruktivistische Ansätze verbunden werden können, um die Aktivitäten von Lernenden zu erhöhen. Dabei stellt sich etwa die Frage, was durch Nachahmen – z. B. als klassische Softwareschulung mit Lernvideos – erlernt werden und was anders erworben werden muss, etwa durch Rollenreflexion zu bestimmten Themen wie Heterogenität im Unterricht oder Effektstärken von bestimmten Lernmethoden.
Bei Diskussionen zum Kontextdesign stellen sich Fragen danach, ob das spätere Kursangebot nach der Vorstellung vom entdeckenden Lernen eigenständiges, exemplarisches Problemlösen ermöglichen und daher die Betreuung zur aktiven Auseinandersetzung mit Problemstellungen ermutigen soll. Oder arbeitet man im Sinne eines „Cognitive Apprenticeship“ an der Betreuung (Coaching), an der aufgabenangepassten Unterstützung (Scaffolding), vertieft man Aufforderung zur Verbalisierung von Handlungen (Articulation) und zur Diskussion des Gelernten (Reflection)? Häufig werden auch „GoalBased-Scenarios“ diskutiert, bei denen Lernende im Kurs eine bestimmte Rolle haben, z. B. eine Art von Ermittler oder Detektiv sind, um das versteckte Ziel zu erreichen, den ,Fall‘ zu klären und auf diesem Weg Wissen und Fähigkeiten zu erwerben.14
Mitunter lösen unterschiedliche Vorstellungen von Instructional Design und Kontextdesign recht abstrakte und langwierige Diskussionen aus, die lästig erscheinen können, aber nötig sind. Im Grunde geht es dabei um die Freiheitsgrade des Lerners und die Art der Unterstützung, die er erfahren soll bzw. die man ihm geben möchte. Wird ihm ein festgelegtes Ziel vorgesetzt, wird er an die Hand genommen und Schritt für Schritt auf einem vorüberlegten Pfad geführt? Dann ist man schnell bei Überlegungen zur Steuerung im Kurs durch bedingte Verfügbarkeiten, die bestimmte Inhalte erst freigeben, wenn Vorbedingungen – z. B. durch das Bestehen von Tests – erfüllt sind. Oder soll der Lernende den Gegenstand selbst entdecken und dabei viel Ermutigung zu eigenständigem Problemlösen erfahren? Dann ist man bei einem Konzept weitgehend selbstgesteuerten Lernens, bei dem alle Materialien grundsätzlich verfügbar sind und in der Reihenfolge durchgearbeitet werden, wie es der Lernende wünscht.
Das Aufgabendesign verdient in der Redaktion die meiste konkrete Aufmerksamkeit, nachdem die Grundsatzdiskussionen abgeschlossen sind.15 Beim Aufgabendesign geht es um die Gestaltung der Lernaufgaben in direktem Zusammenhang mit der Aufbereitung der zu vermittelnden Lerninhalte. Diese Arbeit steht in direkter Abhängigkeit von den Lerninhalten und wird daher auch immer wieder andere Ergebnisse bringen. Zu prüfen wäre jeweils, ob Lernende an dem jeweiligen Punkt ihres Lernprozesses auch über die nötigen Voraussetzungen verfügen, um die gestellte Aufgabe zu bearbeiten. Die sprachliche Klarheit der Anweisung in der Aufgabenstellung muss ebenso geprüft werden wie die Frage, ob auch deutlich wird, wie Lernende mit ihren Ergebnissen aus der Bearbeitung der Aufgabe weiter verfahren sollen.

Teilnehmende der Redaktionen können ,handverlesene‘ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, die gezielt angeschrieben werden. Diese Redaktionsmitglieder bringen in der Regel eine hohe Motivation und ein ausreichendes Wissen, möglicherweise auch Vorerfahrungen in der Lehrerfortbildung mit. Schwieriger wird die Auswahl, wenn mehrere Institutionen an der Zusammensetzung der Redaktion mitwirken, weil unter Umständen ein ganz unterschiedliches Rollenverständnis mit hineinspielen kann. Auf der anderen Seite können sich so die Interessen von mehreren Institutionen eventuell auch verbinden und eine höhere Tragweite bedingen.
Einen offeneren Zugang bietet die Erarbeitung von Online-Angeboten aus einer Präsenzveranstaltung heraus. Die Teilnehmenden der Präsenzveranstaltung bringen sicherlich genügend Interesse an der Sache mit. Sie haben aber vielleicht noch keine Erfahrung in der Lehrerfortbildung und noch weniger Erfahrung im eLearning. Ähnlich ist es bei der Erarbeitung mit externen Expertinnen und Experten, wie Professorinnen/Professoren oder Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern von Universitäten. Diese haben oftmals eine große Expertise und im besseren Fall auch viel Erfahrung in der Vermittlung, aber eher selten eine Affinität zum eLearning. Mit diesen Herausforderungen muss man konstruktiv und kreativ umgehen.
Im Anschluss an die Redaktionen ist es häufig erforderlich, selbst gestalterisch tätig zu werden und manche Inhalte auch selbst einzupflegen und ggf. nachzubessern. Das bindet Arbeitszeit, die man schon wieder in neue Projekte stecken könnte, es hat aber auch Vorteile, weil dabei das gesamte Lernangebot nochmals verbindlich auf Kohärenz und stilistische Fragen geprüft werden kann.
Wenn das Kursangebot erstellt ist, sollte man es idealerweise zunächst als moderiertes Online-Seminar ausrollen, um im Dialog mit den Teilnehmenden nochmals möglichst viele Schwachstellen und eventuelle Fehler zu beseitigen. Eine eingebaute, systematische Evaluation im Kurs kann die beständige Optimierung des Angebots erheblich fördern. Beim Einarbeiten des Feedbacks kann in Folgeredaktionen dann darüber entschieden werden, das Lernangebot vom moderierten Online-Seminar in einen Selbstlernkurs zu überführen.

Moderiert oder nicht-moderiert?

Das ist bei eLearning-Angeboten eine der Kernfragen. Wenn das Online-Seminar moderiert werden soll, zieht das eine starke Beteiligung von Lehrgangsleitung, Moderatoren und Experten nach sich. Die Beteiligten dieser drei Bereiche müssen während des Lehrgangs zuverlässig verfügbar sein, über die nötigen Kompetenzen in der Online-Moderation und die entsprechende Internetkonnektivität verfügen. Bei den nicht moderierten Selbstlernkursen ist eine synchrone Verfügbarkeit nicht erforderlich. Die Arbeitsbedarfe entstehen hier in der Vor- und Nachbereitung, etwa bei gelegentlichem Support zum Login etc.
In beiden Fällen werden die Seminare ausgeschrieben und zur Buchung angeboten. Die Zuweisung der Teilnehmenden zum Kursraum und die Benachrichtigung von Teilnehmenden und Moderierenden sind ein erster Kontakt, der einige Aufmerksamkeit bekommen sollte, weil zu Beginn das Bild der Teilnehmenden am stärksten positiv oder negativ geprägt wird. Zwischen dem Wunsch zur Fortbildung, geäußert durch die Buchung, und der eigentlichen Fortbildung kann in diesem Fall einige Zeit vergehen. Bei Selbstlernkursen werden dagegen die Zugänge in der Regel automatisiert erzeugt und die Login-Daten nach der Buchung zeitnah verschickt. Je zuverlässiger der Vorgang erfolgt, umso besser der Eindruck bei den Teilnehmenden.
In moderierten Online-Seminaren können Lehrkräfte parallel zu ihrer Arbeit dabei unterstützt werden, Kompetenzen zu erwerben oder zu verbessern, die sie für ihre Arbeit brauchen.16 Beispiele aus unserer Arbeit wären Angebote zur Lehrplanimplementierung, zu neuen Aufgabenformaten oder der Kompetenzorientierung.
Nach Alexander Florian sind „Fortbildner gerade bei virtueller Lehrerfortbildung noch stärker gefordert, die Teilnehmer zu aktivieren und Impulse zu setzen“.17 Ob Gilly Salmon hier zustimmen würde, ist nicht sicher, wenn man an ihr 5-Stufen-Modell denkt, bei dem jede Stufe eine stärkere Online-Sozialisation nach sich zieht. Im Sinne dieses Modells und auch eines „Cognitive Apprenticeship“-Designs wäre zu Beginn des Seminars, wenn Teilnehmende ermuntert werden sollten, die Aktivität der Moderatorin / des Moderators eine andere als in der Mitte, wenn Teilnehmende stärker miteinander kommunizieren, oder am Ende, wenn es darum geht, die Beiträge zu sichten und in einer bestimmten Form für das Plenum aufzubereiten und zu bewerten.
In vielen mit Moodle umgesetzten, moderierten Online-Seminaren hat sich eine bestimmte Abfolge von Tätigkeiten der Moderierenden herauskristallisiert. Die folgende Checkliste enthält Anhaltspunkte für viele virtuelle ,Lebenslagen‘ im moderierten Online-Seminar.

  1. Den Kurs am Vorabend des Beginns öffnen und dabei die Teilnehmer im Nachrichtenforum begrüßen. Jede Teilnehmerin / jeder Teilnehmer wird diese Nachricht erhalten und realisiert, dass das Seminar beginnt. Die Begrüßung fällt in der Regel mit dem Öffnen der ersten Kursabschnitte zusammen. Zu diesem Zeitpunkt kann man auch ein Minimum an Aktivität festlegen, das zum Erhalt der Teilnahmebescheinigung nötig ist.
  2. Der Kurs besteht aus verschiedenen Abschnitten, die man nicht alle sofort sehen kann. Ein Wochenplan gibt an, wann die jeweiligen Abschnitte geöffnet werden:
    1. Die ersten Abschnitte nach Wochenplan öffnen.
    2. Eine Nachricht über die Öffnung ins Nachrichtenforum posten.
  3. Die Teilnehmenden finden im Kurs die Aufforderung, über die Form der Anrede (du oder Sie) abzustimmen, und können ihre Erwartungen an das Seminar darstellen.
  4. In der Folge wird vom Moderator eine kurze Antwort zu jeder abgegebenen Erwartung verfasst.
  5. Jede weitere Aufgabe kann sich als Ergebnis in einem Forumsbeitrag zeigen:
    1. Moderierende müssen nicht auf jeden Beitrag antworten, aber sie müssen alle Beiträge verfolgen.
    2. Am Anfang muss insbesondere darauf geachtet werden, dass genügend Mailverkehr entsteht, damit die Teilnehmenden aufmerksam werden.
    3. Auf jeden Beitrag, der an den Moderator / die Moderatorin gerichtet ist, sollte so schnell wie möglich geantwortet werden.
  6. Wenn sich eine Diskussion zu einer Aufgabe erschöpft, soll sie in einem besonderen Forum zu einigen Gesichtspunkten zusammengefasst und auch bewertet werden.
  7. Gegen Ende müsste man die Teilnehmenden darauf hinweisen, nochmals ihre Beiträge zu kontrollieren, wenn sie eine Teilnahmebestätigung erhalten wollen.
  8. Zum Schluss werden die Teilnehmenden aufgefordert, ein Feedback zu geben. Dabei kann auch die Möglichkeit eröffnet werden, in einem letzten Forum die Eingangserwartungen nochmals zu reflektieren.
  9. Nach dem offiziellen Schluss sollten möglichst zügig die Verwaltungsangelegenheiten abgewickelt werden. Dazu gehören unter Umständen Berichte und die Teilnahmebescheinigungen.

Im Grunde läuft diese Art von moderiertem Online-Seminar ab wie ein Präsenz-Seminar: Begrüßung, Verbalisieren von Erwartungen, fachlicher Input, Diskussion, Ergebnisse im Plenum, Feedback. Am Anfang kann es hilfreich sein, ein bisschen mitzudiskutieren. Am Ende wird es aber darum gehen, aus allen Beiträgen auch einen Gewinn für alle abzuleiten. Das kann problematisch werden, wenn man sich vorher zu sehr auf eine bestimmte Perspektive festgelegt hat. Oft ist es sinnvoll, dass die Beiträge im Forum erst eine halbe Stunde später verschickt werden. Dann lassen sich noch Korrekturen vornehmen. Im Feedback haben Moderierende durch Offenheit für andere Meinungen und Lösungen sowie durch schnelles Reagieren auf Beiträge Erfolg.
Selbstlernkurse übersetzen das Konzept des selbstgesteuerten Lernens in den Bereich der Online-Seminare. Beispielthemen aus unserem Angebot sind wie oben schon erwähnt „Zeitgeschichte mit Internetquellen“, „Die Türkei“, „Napoleon und Bayern“ oder „Lernaufgaben im Fach Geschichte“. Selbstlernkurse können, wie alle anderen Angebote der Lehrerfortbildung, offiziell zur Bewerbung ausgeschrieben werden. Allerdings empfiehlt sich hier ein automatisches Buchungssystem, um den Verwaltungsaufwand niedrig zu halten und um die Kurse zu jeder Zeit anbieten zu können, damit sie von den Lehrkräften ohne Verzögerung möglichst dann gebucht werden können, wenn diese den Wunsch nach einer Online-Fortbildung haben.
Das Selbstlernangebot ohne Moderation hat einige Folgen für die Anforderungen an Lernende. Lernende müssen ihren Lernbedarf erfassen, Ziele entwickeln und den eigenen Lernprozess planen. Sie müssen entscheiden, was sie selbst lernen wollen und bei welchen Themen sie Hilfe von anderen suchen möchten. Dann müssen sie den Lernprozess durchführen, sich selbst dabei kontrollieren und bei all dem die nötige Motivation und Konzentration aufrechterhalten. Damit das funktionieren kann, ist die Anforderung an die Kurserstellung hoch und die Kurserstellung selbst sehr arbeitsintensiv. Die Unterstützung für die Lernenden wird jedoch nach dem Ausrollen des Kurses nur noch marginal, eher technischer Support als echte Verständnishilfe sein.

Das Feedback der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer

Bei den oben angesprochenen Selbstlernkursen liegen inzwischen die Ergebnisse von mehreren Evaluationsrunden vor, die nun vorgestellt und ausgewertet werden sollen.
Kuckartz u. a. stellen es als einen der großen Vorteile von Online-Befragungen heraus, dass sich offene und geschlossene Fragen leicht zu einem Mixed-Format verbinden lassen.18 Dadurch werden sowohl quantitative als auch qualitative Befunde erhoben, die man im Nachgang auf unterschiedliche Weise auswerten kann. Bei den quantitativen Aussagen ist die Auswertung vordergründig einfach: Es geht im Wesentlichen um Tendenzen der Werteentwicklung, um Durchschnitte und Abweichungen. Bei den qualitativen Daten empfehlen Kuckartz u. a. eine kategorienbasierte Auswertung, also die Zuordnung von Textpassagen zu relevanten Kategorien.19 Das haben wir in dieser formalisierten Weise nicht getan. Qualitative Daten entstehen in unseren Feedback-Formularen durch die Freieingaben. Diese werten wir persönlich im Kontext eines abgelaufenen Seminars aus, aber wir veröffentlichen sie nicht. Sie sind für uns wichtige, kurze, anonymisierte, aber gleichwohl persönlich an die Kursleitung adressierte Nachrichten. Diese qualitativen Datensätze sollen uns helfen zu verstehen, was in den Teilnehmenden während des Kurses vor sich gegangen ist.20
Generell erfolgt das Feedback formativ durch Beiträge der Teilnehmenden in Foren während des Seminars. Das geschieht zum einen summativ am Ende des Seminars durch das Ausfüllen von vorgefertigten Fragebögen. Zum anderen kann man auch ein letztes Abschlussforum anbieten, in dem die Teilnehmenden nochmals die Eingangserwartungen reflektieren.
Bei den moderierten Online-Seminaren wurde über einen langen Zeitraum hinweg ein gemeinsamer Fragebogen für alle Seminare verwendet. Der gemeinsame Fragebogen hat den Vorteil, dass man die Akzeptanz der gesamten Maßnahme „virtuelle Lehrerfortbildung“ sehr gut überprüfen kann. Das ist vor allem in der Anfangsphase, beim Aufbau eines eLearning-Angebots interessant und wichtig. Die Fragen beschäftigten sich etwa damit, ob Lehrkräfte eLearning, speziell moderierte Online-Seminare, für ein sinnvolles Format der Lehrerfortbildung halten und welche Bedeutung das Eingreifen des Moderators / der Moderatorin hat.
Für die Selbstlernkurse wurden Fragebögen entwickelt, die nicht die Akzeptanz der Fortbildungsmaßnahme generell dokumentieren, sondern dabei helfen sollten, das spezielle Kursangebot zu verbessern. Daher waren Fragen enthalten, die sich auf die Kursgestaltung und einzelne Abschnitte des Kurses bezogen. Bei der Entwicklung der Fragestellung wurde darauf geachtet, dass semantisches und pragmatisches Verständnis durch die teilnehmenden Personen nicht irregeleitet werden, sondern ihren Zweck erfüllen, nämlich mehr über das Kursdesign aus der Sicht der Teilnehmenden zu erfahren.21 Bei der Art der Antwortmöglichkeiten haben wir uns durchgehend für Nominalskalen, eine Ordinalskala und eine Freiantwort entschieden.22 Die Verwendung von Intervallskalen oder Ratioskalen würde den unvertretbaren Eindruck einer objektiven Vermessbarkeit suggerieren.
Die Fragestellung im Selbstlernkurs „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ war wie folgt:

  1. „Wie beurteilen Sie die Auswahl der Informationen und Links in der Fortbildung ,Zeitgeschichte mit Internetquellen‘?“
    Antwortmöglichkeiten: unbefriedigend – mangelhaft – ausreichend – befriedigend – gut – sehr gut

Die Frage zielt auf eine Gesamteinschätzung des aktuellen Kurses nach Schulnoten. Die Erwartung ist, dass die Entscheidung schnell und aus dem Bauch heraus getroffen wird.

  1. „Wie war der Kurs aufbereitet?“ Antwortmöglichkeiten:
    sinnvoll – langweilig – unstrukturiert – logisch – durchdacht – unlogisch – strukturiert – interessant – einseitig – ansprechend

Die Frage zielt auf die Kursgestaltung. Die Attribute erlauben eine Profilbildung des Kurses. Negativ wäre eine Häufung von „langweilig“, „unstrukturiert“, „unlogisch“ und „einseitig“. Sehr positiv wäre das andere Extrem, Mischungen sind denkbar.

  1. „Was hat Ihnen der Kurs gebracht?“ Antwortmöglichkeiten:
    Kopfschmerzen – Einblicke – Freude – Kontakte – Anregungen – nichts von alledem

Die Frage zielt auf das Erkennen von Fehlentwicklungen. Die Auswahlliste enthält eine deutlich negative Antwort, der eine physische oder mentale Überforderung des Teilnehmers auf den Punkt bringt. Wer das auswählt, für den war das Lernangebot über Gebühr anstrengend und wahrscheinlich auch unnütz. Die Antwort „Kontakte“ ist eher ambivalent zu sehen. Der Selbstlernkurs ist nicht primär dazu da, dass sich „Kontakte“ ergeben, weil eine Kontaktaufnahme der Teilnehmer untereinander nicht beabsichtigt ist. Eine Häufung von „Kontakte“ in Verbindung mit, vielleicht vereinzelten, entsprechenden Freieingaben wäre daher eher ein Alarmzeichen.

Die beiden folgenden Fragen haben qualitative Schwächen und Stärken in den Kursmaterialien im Blick.

  1. „Das folgende Kapitel war am besten zu lesen“: Antwortmöglichkeiten:
    Die 50-er: Tondokumente – Die 60-er und 70-er: ikonische Bilder – Die 80-er: Fernsehbeiträge und andere Videoquellen – keines
  2. „Das folgende Kapitel müsste dringend überarbeitet werden“:
    Antwortmöglichkeiten: Die 50-er: Tondokumente – Die 60-er und 70-er: ikonische Bilder – Die 80-er: Fernsehbeiträge und andere Videoquellen – keines

Die Antworten der Befragten zeigen, dass sich aus der Kombination der Fragen 4 und 5 ein recht eindeutiges Bild darüber ergibt, wo Handlungsbedarf besteht und Kapitel überarbeitet werden müssen. Häufig gleichen sich die beiden Fragen aus: Wo manche Befragte ein Kapitel am besten lesen konnten, glauben andere, dass man es dringend überarbeiten müsste. Solang hier eine Wechselbeziehung besteht, sehen wir eher keinen Veränderungsbedarf.

  1. „Gibt es etwas, das Sie uns noch mitteilen wollen?“
    Antwortmöglichkeit: [Freieingabe]

Die Freieingabe eröffnet am Ende die Möglichkeit zu Kommentaren, mit denen die Kursersteller nicht gerechnet haben. Weil es diese Freieingabe gibt, kann man auch auf eine größere Differenzierung in den Fragen 1 bis 5 verzichten.

Selbstlernkurse sind von ihrem Aufbau her sehr an den sogenannten MOOCs (Massive Open Online Courses) orientiert. Im Grunde ist das einzige Unterscheidungsmerkmal die Masse der Teilnehmer.23 Auch bei MOOCs findet man vorbereitete Materialien – auch Lehrvideos, die nach einem bestimmten Plan durchgearbeitet werden können. Es stehen nur geringfügig betreute oder ganz freie Kommunikationskanäle, z. B. über Twitter, zur Verfügung. Am Ende kann es einen Test geben, dessen Bestehen zur Teilnahmebescheinigung führt.
Sehr charakteristisch für MOOCs ist das Verhältnis zwischen Anmeldung und Erwerb der Teilnahmebescheinigung. In aller Regel ist bei großen MOOCs der Prozentsatz von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die den Kurs beginnen und erfolgreich mit einer Teilnahmebescheinigung abschließen sehr gering. Er liegt zwischen 2 Prozent und (in ganz seltenen Fällen) 30 Prozent. Das Verhältnis von Teilnehmenden, die den Kurs zwar begonnen haben, aber nicht abschließen, und den insgesamt angemeldeten Teilnehmenden bezeichnet man als „DropOut-Rate“. In der Mehrzahl liegt diese DropOut-Rate bei MOOCs also zwischen 70 Prozent und 98 Prozent.24

Unsere Kurse in Zahlen

Erfreulicherweise sind die hohen DropOut-Raten nicht in Stein gemeißelt. Man kann zu viel besseren Ergebnissen kommen. Das belegen die folgenden Zahlen: Unser Selbstlernkurs „Lernaufgaben im Fach Geschichte“ hatte im Zeitraum von rund zwei Jahren 310 angemeldete Teilnehmerinnen und Teilnehmer, davon haben 100 den Kurs nie betreten, aber 132 den Kurs mit Teilnahmebescheinigung abgeschlossen. Es bleiben also 78 Teilnehmer, die den Kurs zwar geöffnet, aber nicht abgeschlossen und ihn somit vor Ende verlassen haben. Das sind 25 Prozent der angemeldeten Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Auf der anderen Seite muss man sehen, dass 100 von 310 angemeldeten Teilnehmern/Teilnehmerinnen nach der Buchung den Weg in den Kurs nicht gefunden haben, und das sind auch immerhin 32 Prozent.
Die Zusammenstellung der Zahlen im Überblick:

Tabellenüberschriften: Lernaufgaben, Napoleon, Zeitgeschichte, Türkei; Attribute: angemeldet, nicht betreten, abgeschlossen, betreten nicht abgeschlossen, positive Wirkung, no Login, dropOut brutto, dropOut netto

Nutzungsdaten zum Selbstlernkurs „Lernaufgaben im Fach Geschichte“

Eine Wirkung von mindestens 40 Prozent erfolgreicher Abschlüsse darf man angesichts der negativen Zahlen von MOOCs als recht erfolgreich bewerten. Die DropOut-Raten von 12 Prozent bis 25 Prozent (verglichen mit der Gesamtzahl der Teilnehmenden) zeigen, dass das Angebot der Selbstlernkurse viele Lehrkräfte dazu bewegt, sich auf das Fortbildungsformat einzulassen, und dass sie die Kurse in der überwiegenden Mehrzahl auch erfolgreich abschließen. Verbesserungsfähig ist in jedem Falle der Übergang von Buchung zu Login. Zwischen 10 Prozent und 32 Prozent der Teilnehmenden buchen zwar, betreten den Kurs aber nie. Die Vermutung liegt nahe, dass einerseits zwar Erwartungen an das Fortbildungsangebot mit in die Motivation zum Betreten der Kursräume eingehen, andererseits aber wahrscheinlich etwa 10 Prozent der Teilnehmenden ein grundsätzliches Problem mit dem Login haben und deswegen die passenden Kurse nicht finden.
Der Selbstlernkurs „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ zeichnet sich durch eine recht lange Laufzeit aus. Feedbackdaten liegen daher zu diesem Kurs aus sechs Halbjahren vor. Im folgenden Diagramm zu diesem Kurs sind entlang der x-Achse von links nach rechts die Bezeichnungen der entsprechenden Halbjahre eingetragen, in denen der Kurs angeboten wurde. Entlang der y-Achse findet sich die absolute Anzahl der abgegebenen Bewertungen. Die zugrunde liegende Frage war: „Wie beurteilen Sie die Auswahl der Informationen und Links in der Fortbildung ,Zeitgeschichte mit Internetquellen‘?“

Diagramm mit der Überschrift „Bewertung nach Noten"; sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft, ungenügend

Rückmeldedaten zu Auswahl der Informationen und Links in der Fortbildung „Zeitgeschichte mit Internetquellen“

Das Diagramm zeigt, dass es im zeitlichen Verlauf schwankende Nutzerzahlen gibt, die Bewertung der Auswahl von Informationen und Links mit überwiegend „gut“ oder „sehr gut” jedoch recht stabil bleibt. Selbst im letzten Halbjahr, das bei Fertigstellung dieses Beitrags noch nicht abgeschlossen war, rangieren beide Bewertungen oben. Kritisch kann erscheinen, dass nach drei Jahren Laufzeit die Bewertungen „befriedigend“ und „ausreichend“ ansteigen. Das kann ein Indiz dafür sein, dass es Zeit wird, den Kurs zu überarbeiten oder aus dem Programm zu nehmen.
Wie wird das Lernangebot durch die Teilnehmenden charakterisiert? Im nachfolgenden Diagramm werden die Stimmen aus den Halbjahren bei den jeweiligen Attributen gehäufelt. Das hat den Vorteil, dass sich ein etwas überzeichnetes, aber ausdrucksstarkes Bild von den Stärken und Schwächen des Kurses ergibt.
Betrachtet man die Auswahl der Attribute, mit denen das Lernangebot charakterisiert wird (Abbildung unten), dann fällt einerseits die Häufung bei den positiven Werten auf: Über die gesamte Laufzeit hinweg wird das Lernangebot als sinnvoll erachtet, als logisch und durchdacht, strukturiert und interessant. Andererseits wird in dieser Zusammenschau auch deutlich, dass es Lehrkräfte gibt, die dieses positive Bild nicht uneingeschränkt teilen. Einige (wenige) Einträge gibt es auch bei den negativen Attribuierungen.

Diagramm mit der Überschrift „Aufbereitung des Kurses nach Attributen"; sinnvoll, langweilig, unstrukturiert, logisch, durchdacht, unlogisch, strukturiert, interessant, einseitig, ansprechend

Rückmeldung zum Kurs „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ nach übergreifenden Kriterien

Wenn man wissen möchte, wo im Kurs selbst mögliche Schwachstellen liegen, dann kann man den Vergleich aus den Fragen nach den am besten zu lesenden, bzw. den dringend zu überarbeitenden Kapiteln heranziehen. Dringend überarbeiten müsste man nach der untenstehenden Grafik offenbar „keines“ der Kapitel. Von den drei möglichen Kapiteln „Die 50-er: Tondokumente“, „Die 60-er und 70-er: ikonische Bilder“ und „Die 80-er: Fernsehbeiträge und andere Videoquellen“ wäre es allenfalls das letzte, bei dem man eine Überarbeitung andenken kann.

Diagramm zur Rückmeldung zum Kurs „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ bezogen auf Inhaltskapitel

Rückmeldung zum Kurs „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ bezogen auf Inhaltskapitel

Allerdings zeigt der Vergleich mit dem Kontrastbild „Am besten zu lesen war“, dass in jüngster Zeit gerade das letzte Kapitel von einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als besonders lesenswert herausgehoben wurde. In der mittleren Zeitspanne gibt es keinen eindeutigen Spitzenreiter unter den Kapiteln, die Bewertungen sind nicht stabil. Solche Schwankungen kann man angesichts des Themas „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ recht plausibel darauf zurückführen, dass in den Kapiteln teilweise Links nicht mehr funktioniert haben, die dann nachgebessert wurden. In der Folge wird das entsprechende Kapitel auch wieder positiver bewertet.

Diagram mit der Überschrift: „Am besten zu lesen war..."; „Die 50er: Textdokumente", "Die 60er und 70er: ikonische Bilder", "Die 80er: Fernsehbeiträge und andere Videoquellen", "keines"

Rückmeldung zum Kurs „Zeitgeschichte mit Internetquellen“ bezogen auf „Lesbarkeit“

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich das Interesse von Teilnehmenden an den Selbstlernkursen und ihre inhaltlichen Bewertungen auch mit einfachen Methoden des Feedbacks aufschlussreich dokumentieren und gewinnbringend auswerten lassen.
Ersichtlich ist aber auch, dass sich eLearning-Angebote zur Lehrerfortbildung permanent weiterentwickeln müssen und dabei ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten haben. Ein Verständnis von eLearning-Kursen als zusätzliche digitalisierte Vertriebsform herkömmlicher Formate greift sicherlich zu kurz. Vonnöten ist stattdessen die Weiterentwicklung einer eigenständigen eLearning-Didaktik und der institutionelle Mut, diese Gestaltungsräume und -freiheiten einzurichten.

Literaturhinweise

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Zitiervorschlag: Florian Sochatzy und Marcus Ventzke (Hrsg.), Bildung digital gestalten, Eichstätt 2020, Kap. Lehrerfortbildung in digitalen Lernumgebungen https://bildung-digital-gestalten.institut-fuer-digitales-lernen.de/inhalt/lehrerfortbildung 23.10.2020. content_copy kopiert!

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